Eine Sache die ich am Arbeiten bei Merkle mag, ist die Kultur rundum Feedback. Mindestens einmal im Jahr fragen wir unsere Teammitglieder nach Feedback in Bezug auf unsere Performanz im Projekt, aus zweierlei Gründen: 1) um auf individueller Ebene Wissen aufzubauen, wie wir selbst wahrgenommen werden und was andere für Entwicklungspotenziale sehen und 2) um unseren Vorgesetzten ein rundes Bild unserer Leistung geben zu können.
Für mich als Projektmanager war 2019 ein sehr arbeitsreiches Jahr. Ich erinnere mich an ein paar aufeinanderfolgende Wochen, die vollgepackt mit verschiedenen Workshops und Reisen waren. Ein zentraler Kollege dieser Zeit war einer unserer erfahrensten Berater, Michael, der in diesen Seminaren den Lead hatte. Bevor wir zusammen arbeiteten kannte ich ihn bereits durch interne Trainings, und wusste dass er ein extrem eingespielter Moderator und Stratege war. Also war ich zuversichtlich und froh, mit ihm arbeiten und von ihm lernen zu können. Nun war es aber so, dass Michael durch seine Expertise stark gefragt, und daher in mehreren Projekten eingebunden war. Dadurch musste er viel reisen, und unsere Kommunikation wurde immer lückenhafter. Ab einem gewissen Punkt wurde ich so unsicher in Bezug auf einen bestimmten Workshop, dass ich am Abend davor wirklich daran zweifelte, ob wir ihn erfolgreich durchführen könnten - oder uns stattdessen blamieren würden. Ich erinnere mich noch, Michael an dem Abend anzurufen und direkt zu fragen: “Sollen wir den Workshop absagen?”.
Lange Rede, kurzer Sinn - wir fĂĽhrten das Seminar durch, es war eine produktive Sitzung die uns den Weg bereitete fĂĽr mehr als sechs Monate erfolgreiche Zusammenarbeit mit unserem Kunden in ihrer Kommunikationsabteilung.
Als am Ende des Jahres also das Feedback von Michael zu meiner Leistung anstand, war ich sicher, ich würde ein paar konstruktive Kritikpunkte einsammeln in Bezug auf Vorbereitung und Kommunikation. Nach dem obligatorischen Smalltalk unserer Session begann Michael folgendermassen: “...nach einer Weile der Zusammenarbeit hatte ich das Gefühl, du hast dich immer mehr aufs Risikomanagement konzentriert. Und auch wenn das Teil deines Jobs ist, hatte ich den Eindruck, es wurde zu viel.”
“Alles klar.”, dachte ich. “Jetzt sag mir, wie ich es besser machen kann!”
Michael fuhr fort: “Rückblickend habe ich dir wohl nicht genug Vertrauen in meine Vorbereitung und Fähigkeiten gegeben. Das hätte ich wohl trotz der vielen Reisen tun sollen, damit du dich nicht so hättest sorgen müssen. Es tut mir leid.”
Ich war baff. Das hier war ein Meeting in dem er mir Feedback geben sollte, und doch öffnete sich Michael dem, was er selbst verbessern konnte. Ich begann zu verstehen: wenn er bereit war, seine Schwächen hier und jetzt vor mir zu diskutieren, würde er sicherlich auch bereit genug sein, mir ehrlich zu sagen, wenn er die Leitung eines Workshops nicht erfolgreich übernehmen könnte.
Was Michael hiermit erreichte waren zwei Dinge: ich fühlte mich zutiefst verstanden und dadurch verbunden mit ihm, und mein Vertrauen in seine Führungsfähigkeiten ging durch die Decke. Ich schloss einen Pakt mit mir selbst, dass, selbst wenn unsere Kommunikation mal wieder etwas unregelmässiger würde, ich ihm ab sofort mehr vertrauen würde.