AEM goes Cloud – lohnt sich der Wechsel?

Adobe wechselt mit dem Enterprise CMS in die Cloud. Welche Herausforderungen und Vorteile die Umstellung birgt, verrÀt Reto Zigerlig im Interview.

Adobe

Merkle: Cloud Computing, Cloud Services, Cloud ĂŒberall – fast jeder spricht aktuell ĂŒber “Cloud”. Was genau versteht man eigentlich unter diesem Begriff?

Reto: GrundsĂ€tzlich handelt es sich um Computer-Ressourcen wie Speicher- oder Rechenleistung in einem Rechenzentrum, auf welche ĂŒber das Internet zugegriffen werden kann. Heutzutage werden immer mehr Services und Dienstleistungen ĂŒber die Cloud angeboten. Bekannte Beispiele sind Netflix, Spotify oder die G-Suite von Google, die kollaboratives Arbeiten komplett aus der Cloud ermöglicht. Die Software wird so nicht mehr lokal auf dem eigenen Computer oder On-Premise auf einem eigenen Server im eigenen Rechenzentrum installiert, sondern der User bezieht einen Dienst bzw. Service aus der Cloud. Mit der AnkĂŒndigung von AEM as a Cloud Service lanciert Adobe ihr Enterprise CMS als Service aus der Cloud. Diese Entwicklung zeigt, dass die Zukunft von Enterprise CMS in der Cloud liegt. 

Merkle: Ach ja, Adobe kann nun Cloud – wir dachten, Adobe Experience Manager sei nicht cloud-fĂ€hig?

Reto: Genau, Adobe hat seine Hausaufgaben definitiv gemacht. Die Architektur basiert auf bewĂ€hrten Lösungen wie Kubernetes, ist somit “cloud native by heart” und kann zu kompetitiven Konditionen angeboten werden. Der Cloud Manager dient als zentrale Anlaufstelle und vereinfacht die KomplexitĂ€t der Cloud-Architektur fĂŒr den Nutzer.

Merkle: Ok, hold on. Nun gibt es da ja AEM On-Premise, als Adobe Managed Service und neu als ‘as a Cloud Service’. Wie entwickelt Adobe das Produkt weiter?

Reto: Alle drei Varianten basieren auf derselben Codebasis. Der Fokus von Adobe liegt auf AEM as a Cloud Service. Diese ist “version-less” und wird tĂ€glich automatisiert. Neue Funktionen stehen in planbaren monatlichen AbstĂ€nden zur VerfĂŒgung. Änderungen sind somit als erstes fĂŒr AEM as a Cloud Service verfĂŒgbar und werden anschliessend mittels Feature Packs fĂŒr die anderen Varianten veröffentlicht.

Aktuell ist das Feature Set von den Versionen noch nicht identisch. Folgende Tabelle zeigt den aktuellen Stand:

Adobe as a Cloud Service: Plan fĂŒr Feature-Entwicklungen
Mit Sites und Assets sind die meistgenutzten Features bereits im Cloud Service verfĂŒgbar. Somit ist AEM as a Cloud Service fĂŒr den Grossteil der Kunden einsatzbereit.

Merkle: Welche Vorteile bietet AEM as a Cloud Service?

Reto: 

  • Generell
    • Verbesserte User Experience & Performance
    • Optimierung der Innovationszyklen, schnelleres Time-to-market
    • Niedrigere Kosten durch Produktinnovationen, best Practices und Automation
    • Betrieb, VerfĂŒgbarkeit und Security sind Teil des Services
  • Always On
    • Keine Downtimes & Content Freezes nötig
    • Schutz gegen Cloud Disasters & Failures durch automatische Health-Checks
  • Always at Scale
    • Sicherstellung Performance der Gesamtlösung durch Autoscaling
    • Schnellere Verarbeitung von Assets (z.B. Generierung von Metadaten oder unterschiedlicher Bildgrössen) durch Microservices
  • Always current
    • Neueste Features stehen durch automatische Produkt Updates zur VerfĂŒgung
    • Keine Big-Bang Upgrades mehr
      • Notwendige Code-Anpassungen werden kontinuierlich in kleinen Schritten agil umgesetzt
  • Always learning
    • Automatische Performance- & Security Updates
    • Nativer Zugriff auf Adobe Sensei (Machine Learning & Artificial Intelligence Service)

Merkle: Was ist denn alles im Angebot von AEM as a Cloud Service dabei?

Merkle: FĂŒr wen ist AEM as a Cloud Service die richtige Lösung?

Reto: Das hÀngt von diversen Faktoren ab. Ich teile die Unternehmen in folgende Kategorien ein:

  • Bestehende On-Premise Kunden mĂŒssen sich ĂŒberlegen, ob sie AEM weiterhin selber hosten und betreiben möchten. Da Adobe die Engineering Power in AEM as a Cloud Service setzt, stehen entsprechend Funktionen als erstes dort zur VerfĂŒgung. Falls ĂŒberhaupt, werden diese zu einem spĂ€teren Zeitpunkt in die On-Premise Variante eingespielt. Hierdurch besteht das Potential, die Gesamtbetriebskosten zu senken. 
  • Kunden, die Features benötigen, die aktuell noch nicht kompatibel mit AEM as a Cloud Service sind, mĂŒssen die unterschiedlichen Lösungen evaluieren. Gemeinsam klĂ€ren die Nutzer mit Adobe, ob und wann die entsprechenden Features zur VerfĂŒgung stehen.
  • LĂ€uft AEM noch nicht auf 6.5, gilt es zu entscheiden, ob der Migrationsschritt auf 6.5, oder ob der Wechsel auf AEM as a Cloud Service direkt umgesetzt werden soll.
  • Ist AEM auf 6.5 bereits einsatzbereit, sollte AEM as a Cloud Service als nĂ€chste Major Version betrachtet und ein Upgrade gemacht werden.
  • Neue AEM Kunden sollten ihr Projekt mit der Zielarchitektur AEM as a Cloud Service umsetzen. Je nach System-Voraussetzung kann es sein, dass das Projekt initial auf einer Managed Service Umgebung gestartet wird, um es dann zu einem spĂ€teren Zeitpunkt auf AEM as a Cloud Service zu migrieren.

Merkle: Gibt es auch Risiken, Herausforderungen und EinschrÀnkungen, die man beachten muss?

Reto: Diverse On-Premise Upgrade Projekte haben gezeigt, dass mit einer soliden Vorbereitung jedes Projekt problemlos migriert werden kann. Ein Wechsel auf AEM as a Cloud Service kann mit mit gutem Projektmanagement gemeistert werden.

Eine Vertrauensbasis zum Cloud-Anbieter ist zwingend erforderlich. Zudem kann es zu herausfordernden Situationen kommen: Durch geopolitische Interessen kann ein Service in einer Region gar nicht oder plötzlich nicht mehr zur VerfĂŒgung stehen.

Technische EinschrĂ€nkungen bzw. Änderungen gibt es. Dazu gehören z.B.:

  • Es gibt Content Bereiche im Repository (/apps und /libs), welche zur Laufzeit unverĂ€nderbar sind. Wird im Custom Code versucht an diesen Stellen etwas zu verĂ€ndern, wird der Vorgang fehlschlagen.
  • OSGi Bundles und Einstellungen können nicht mehr via Web Console angepasst werden. Diese mĂŒssen via Code ĂŒbermittelt werden.
  • Direkte Änderungen im Repository der Publish-Instanzen sind nicht mehr möglich.
  • Classic UI steht nicht mehr zur VerfĂŒgung.

Diese Liste ist nicht vollstÀndig. Weitere  Herausforderungen zu erkennen ist Bestandteil der Vorbereitungsphase.

Merkle: Wie sicher sind Cloud-Lösungen wirklich?

Reto: Diese Frage stellt sich natĂŒrlich gerade im Kontext von Cloud-Lösungen sofort. Durch die proaktive Weiterentwicklung fliessen stets die neuesten Industrie- und Adobe Sicherheits-Standards in das Produkt mit ein. Damit minimiert sich das Risiko von Sicherheitsbedrohungen oder Ausfallzeiten stark. 
Ebenfalls ist AEM as a Cloud Service SOC 2 und ISO zertifiziert. Weitere Zertifizierungen sind fĂŒr dieses Jahr angekĂŒndigt.

Merkle: Was bedeutet es fĂŒr Unternehmen, wenn Sie auf AEM as a Cloud Service umstellen möchten?

Reto: Eine Umschulung entfĂ€llt weitestgehend, da die Nutzer die BenutzeroberflĂ€che (Touch-UI) bereits kennen. Durch die verbesserte Performance können sie noch effizienter Experiences erstellen. Adobe stellt den reibungslosen Betrieb von AEM sicher. Der Fokus der Teams verlagert sich somit auf die Entwicklung der Custom Solution. Durch die CI/CD-Pipeline via Cloud Manager gibt es klare Anforderungen an den Code, die erfĂŒllt werden mĂŒssen. Dazu gehören u.a. Security, Reliability und Maintainability Ratings, Code Coverage aber auch eine klare Trennung von Content und Code. Die Basis von AEM bleibt gleich, somit können auch die Entwickler mit den bekannten Tools und Patterns weiterhin das volle Potential ausschöpfen. 

Merkle: Wie gehe ich vor, wenn ich zu AEM as a Cloud Service wechseln möchte?

Reto: Sowohl technisch als auch organisatorisch muss ein solches Projekt professionell geplant und aufgegleist werden. Deshalb empfehle ich mit dem Partner des Vertrauens eine Phase 0 (Strategiephase) zu starten und alle nötigen Schritte zu definieren.

Merkle: Welche Voraussetzungen mĂŒssen gegeben sein, um mein Unternehmen Cloud-fĂ€hig aufzustellen? (technisch, kulturell etc.)

Reto: Der Entscheid muss von der IT-Strategie getragen werden. ErfahrungsgemÀss ist die Frage nicht, ob, sondern wann in die Cloud gewechselt wird. Damit die Anbindung von Umsystemen und Schnittstellen sichergestellt werden kann, bedarf es eine lösungsorientierte Zusammenarbeit zwischen interner IT und Adobe. Des weiteren ist es hilfreich, wenn das Entwicklungs- und Projektteam das Mindset von DevOps kennt.

Merkle: Gibt es Erfolgsstories von bekannten Unternehmen?

Reto: Ja, es gibt bereits erste Unternehmen wie Esri oder Under Armour, die den Schritt in die Cloud gewagt haben und damit sehr erfolgreich sind.

Merkle: Ist die Cloud die einzig wahre Zukunft?

Reto: Adobes Fokus ist klar: alle On-Premise Kunden sollen kĂŒnftig AEM as a Cloud Service nutzen. Denkbar wĂ€re auch, dass Adobe die Strategie so wechselt, dass AEM as a Cloud Service auch in der Private Cloud betrieben werden kann. Auch wenn Adobe aktuell AEM as a Cloud Service priorisiert, gibt es noch sehr viele On-Premise Kunden, die die Cloud nicht nutzen können oder wollen. Daher ist auch ein Szenario wie bei Adobe Campaign denkbar. Mit Adobe Campaign Classic (On-Premise) und Adobe Campaign Standard (Cloud) werden zwei Varianten weiterentwickelt.

Merkle: Verliere ich, wenn ich nicht in die Cloud wechsle? Bis wann sollte das passiert sein? 

Reto: Am Markt werden zunehmend Services in die Cloud verlagert. Im Adobe CMS Kontext muss man auch einen Blick auf die EOL Matrix von AEM werfen. Der Core Support fĂŒr AEM 6.4 endet im April 2021. BezĂŒglich der Support-Leistungen von AEM 6.5 hĂ€lt sich Adobe vage und spricht von vierteljĂ€hrlichen Servicepacks auf unbestimmte Zeit. Durch Features wie Autoskalierung, CDN und kontinuierliche automatische Produkt Updates erhĂ€lt der Nutzer ein starkes Gesamtpaket zu sehr attraktiven Konditionen. Deshalb sollte AEM as a Cloud Service als Zielarchitektur angedacht werden.  Das bestehende System sollte jetzt in diese Richtung entwickelt werden.

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