Customer Centricity und People-based Marketing

Mit Data, Customer Centricity und Automation in die neue Digital Marketing-Welt

Digital Marketing ist derzeit einem starken Wandel unterworfen. Neue Möglichkeiten bezüglich Personalisierung und Automation schiessen wie Frühjahrsblumen aus dem Boden – allein der Umgang mit den neuen Datenschutzbestimmungen lässt hinter der einen oder anderen Idee eine unbeantwortete Fragestellung stehen. Dynamisch personalisierte Ads, die selbst in Videos unterschiedliche Inhalte ausgeben abhängig von den Eigenschaften des betrachtenden Nutzers sind Gang und Gäbe. Und auch das personalisierte Mail, das den Nutzer an den zurückgelassenen Warenkorb erinnert oder zugeschnittene Inspirationen bieten, ist keine Überraschung mehr.

Trotz all diesen neuen Personalisierungs- und Automatisierungsmöglichkeiten bleibt die Frage: Weshalb existiert trotzdem noch das Phantom des im Shop gesuchten Schuh, den einem ein halbes Jahr in Retargeting-Ads verfolgt, obwohl man ihn bereits gekauft hat? Weshalb erhalte ich Emails mit Vergünstigungen auf Produkte, die ich eben kürzlich im gleichnamigen Shop bestellt habe? Weshalb kann mir das Dashboard mit der 360°-Kundensicht nur auf aggregierter statt auf Einzelkunden-Ebene sagen, welche Touchpoints und Kanäle in der Journey involviert war?

Die Antwort bleibt auch 2018 häufig: Silos, Silos, Silos. Dabei kann man durchaus auch von Marketing-Silos in der Organisation von Marketing-Abteilungen sprechen, da die Teams häufig nach Kanälen organisiert sind. Das Kernproblem sind aber die Daten-Silos zwischen den Kanälen sowie den verschiedenen Geräten der Nutzer. Nutzerdaten werden je Kanal separat abgespeichert, z.B. im Web Analytics System genauso wie im E-Mail-System oder den AdServern. Weil es sich in frühen Marketingphasen häufig um anonyme Nutzer handelt und vielfach noch keine übergreifende ID besteht, ist es entsprechend schwierig, diese zusammenzuführen. Die Bestrebungen, Nutzern mehr Mittel in die Hand zu geben, um ihre Privatsphäre zu kontrollieren, sind für diese Herausforderung auch nicht gerade unterstützend – aber zweifelsfrei unterstützenswert. Am Ende des Tages bleibt dann häufig der Entscheid, die neuen Marketing-Features trotzdem zu nutzen, auch wenn sie nur einen Ausschnitt der gesamten Customer Journey berücksichtigen und zu genannten Nebeneffekten führen.

Schaubild zu Data Silos entlang der Buyer Journey
Quelle: Namics

In den vergangenen Monaten und Jahren hat sich jedoch in verschiedenen Bereichen einiges entwickelt, was heute Lösungsansätze für die Problemstellungen bietet. Diese Ansätze sind zwar nicht so einfach und schnell zu realisieren, wie man sich das als Marketer wünschen würde. Jedoch bilden sie ein nachhaltiges Modell ab, das sämtliche Nutzerinteraktionen, ob von anonymen Nutzern oder bekannten Kunden, in einem System zusammenführt. Zusammen mit der kundenzentrierten Denkweise in der Vermarktung und der Nutzung von hochautomatisierten Personalisierungslösungen für die Marketing-Aktivierung lässt sich dann vom «personenbasierten Marketing» sprechen.

Die Systeme die Hand für eine Zusammenführung von solchen Nutzerinteraktionen und -daten bieten, nennen sich Data Management Platforms (DMPs) oder Customer Data Platforms (CDPs). Da die Produktkategorie insbesondere der CDPs noch sehr jung ist, mangelt es noch der scharfen Abgrenzung, so dass Produkte sich durchaus beiden Systemen zuordnen können. Im Kern bleibt aber das Streben nach einem «Identity Graph», der den Nutzer eindeutig erkennt und Interkationen auf verschiedenen Geräten und Kanälen zusammenführt.

Grafik zur Zentralen Speicherung der Nutzerinteraktionen und -Daten
Quelle: Namics

Die Identifikation des Nutzers stellt auch dabei die besondere Herausforderung dar, nicht nur aus datenschutzrechtlicher, sondern auch aus technischer Sicht. Probabilistische Verfahren, welche die Zusammengehörigkeit von mehreren Geräten eines Nutzers ermitteln, haben sich dabei erst als mässig zuverlässig herausgestellt, stellen jedoch ein Baustein dar um einen ersten Anteil an Nutzern im Identity Graph zu ergänzen. Die verlässlichste Methode bleibt schlussendlich das deterministischen Verfahren, in der sich ein Nutzer schlussendlich irgendwann auf jedem Kanal und jedem Gerät identifiziert. Will man dies mit 1st Party-Daten, also eigenem Datenbestand lösen, heisst dies, einem Nutzer einen Wert anzubieten, damit er sich in irgendeiner Form registriert oder sich connected. Vergünstigungen sind ein Instrument dazu, nützliche und wertgenerierende Services ein anderes. Eine einmalige Verknüpfung pro Kanal reicht dabei, um den künftig wiederkehrenden Nutzer zuzuordnen. Wenn man sich ins Reich der 2nd- und 3rd-Party-Daten vortraut, die datenschutzrechtlich deutlich angreifbarer sind, gibt es Services von Unternehmen wie Google oder Adobe, die die Information von einmal verknüpfte Geräten unter den teilnehmenden Unternehmen verteilen.

Für zukünftig erfolgreiches digitales Marketing, das personalisierte Experiences entlang der ganzen Buyer Journey nutzen kann und die heute gängigen Stolperfallen beseitig, lohnt sich unbedingt der Aufbau einer solchen Nutzerdaten-Ebene – obwohl dies im ersten Schritt eine Investition ohne direkt sichtbaren Effekt bedeutet. Die neue Technologie und die aufgebauten 1st Party Daten werden aber künftig den Vorsprung schaffen, den es braucht um erfolgreich digital zu vermarkten.

Die angehängten Folien wurden im Rahmen eines Gastbeitrags bei einer von der Universität St. Gallen initierten Fokusgruppe zu «Digital Analytics und Research» vorgestellt.